19.04.2011

Die Latte liegt sehr hoch

Reusten - Gleich einem Wirbelsturm fegte die "Blues Akademie" durch das Sportheim des TGV Reusten. Mit einem Blues-Rock-Funk-Soul-Mix feierten die sechs Vollblut-Musiker in Reusten Premiere. Nadine Dürr

Man schließe die Augen, lausche der unverwechselbaren Stimme Eugen Krauss - und ein Wolpertinger mit den Genen Joe Cockers und Eric Claptons erblickt das Licht der Welt. Die markante Reibeisen-Stimme des Bandgründers ist eine kleine Sensation für sich, die selbstbewusste Rock- und Soulröhre der Frontfrau am Mikro, Micha Schoettle, komplettiert den einzigartigen Soundteppich der "Blues Akademie". Wenn Gine Gelsdorf am Saxofon dann noch eines ihrer tollkühn-betörenden Soli einwirft, Manfred Schlecht seinen E-Bass kitzelt, Marek Niedzielski am Schlagzeug spannende Schlusstakte zaubert und Carsten Keller mit geübtem Händchen Kilometer um Kilometer am Hals seiner E-Gitarre zurücklegt, liegt auf der Hand, warum die Band im Jahr ihres 15. Geburtstags nicht mehr wegzudenken ist aus der Kulturlandschaft der Region. Jeden einzelnen Titel injizierte das Sextett aus dem Raum Tübingen intravenös, so dass es einige Zuhörer schon nach den ersten paar Takten nicht mehr auf den Plätzen hielt. Im zweiten Teil des Konzerts wuselte es auf der Tanzfläche nur so vor glücklichen Menschen.

Abgegriffene und zu Tode gespielte Ohrwürmer sind nicht Sache der eigenwilligen Musiker, ihr Repertoire prägen teils vergessene Rohdiamanten, die einmal durch die "Blues Akademie"-Mangel gedreht, zu neuem Leben erwachen und in allen Regenbogenfarben schillern und glitzern. Bereits der Opener "I am" aus der Feder von Prince ging durch Mark und Bein. Weitere Glanzlichter setzte das Sextett mit David Gilmores "This Heaven", das mit Schmollmündern und langgezogenen Konsonanten vorgetragen die Blues-Wurzeln der "Akademie" freischaufelte, während in Led Zeppelins "Ramble On" halsbrecherische Unisono-Parts von Gitarre und Saxofon den Saal zum Beben brachten. Den unübertroffenen Höhepunkt des Abends markierte jedoch "Whippin Post" der Allman Brothers Band. Hier greift, was über Clapton einst gesagt wurde: "Gott rief gerade an. Er sagte, er hätte gerne seine Finger zurück." Nach dreieinhalb Stunden akustischen Kung Fus kapitulierten die Musiker vor den nicht enden wollenden Forderungen nach weiteren Zugaben, so dass spontan Ralf Lutz von "Souled Out" mit Keller und Schlecht für einen letzten grandiosen "Absacker" die Bühne betrat.

So durchschlagend war der Erfolg dieses Abends, dass für die Zukunft Veranstaltungen ähnlichen Formats im Sportheim geplant sind. Ob damit an den Triumph der "Blues Akademie" angeknüpft werden kann? Die Latte liegt sehr hoch.

(Nadine Dürr) © GÄUBOTE - Die Herrenberger Zeitung